Systemanwendung

Die Klienten der DSMS Monitorisierung werden vor Beginn des Systemeinsatzes über den Zweck und den Inhalt der Anwendung informiert. Nach schriftlicher Einwilligung bzw. Freiwilligkeitserklärung zur Systemteilnahme wird die betroffene Klientel praktisch in den Systemeinsatz eingeführt. Die Systemeinführung erfolgt durch den DSMS-Verantwortlichen in online Konferenzen oder direkt beim Klienten. DSMS intendiert einen funktionalen Umgang mit kritischen Situationen bei Sexualstraftätern oder bei Personen mit einer Suchmittelproblematik in natürlicher Umgebung zu begünstigen. Ein zentraler Stellenwert nimmt hierbei die Beeinflussung und Modifizierung der Selbstkontrolle ein. In Bezug zu FOTRES (Urbaniok, 2016) werden hierbei beispielsweise die Beurteilungsebenen wie die der Ehrlichkeit und Offenheit, des Deliktbewusstseins, des Risikomanagements, des Abstands zu realisierungsfördernden Faktoren, etc. adressiert. 

Die DSMS Monitorisierung beginnt bereits nach Eintritt in die Institution des offenen Straf- und Massnahmenvollzugs. Basierend auf dem individuellen Erklärungsmodell des Deliktmechanismus wird der Klientel täglich ein Massnahmenprozess-Fragebogen bzw. eine adaptierte Form für Personen mit einem Suchthintergrund vorgelegt (Schiepek et al., 2018). Hierbei wird manifestes Verhalten, spezifische Kognitionen, Affekte und das Auftreten bzw. der Umgang mit Risikomerkmalen bereits im intramuralen Setting erfragt. Wenngleich sich die Personen innerhalb der Institution noch in einer deprivierten Umgebung befinden, dient die tägliche Datenerhebung dazu, die Ausgangslage in den relevanten Variablen zu beobachten und zu beschreiben. Hierbei ergeben sich bereits sehr früh wertvolle Informationsquellen, um die Massnahmen auch unter Berücksichtigung der Daten entsprechend planen und gestalten zu können. 

Weiter dient die Erhebung dieser Baseline-Messungen dazu, um auf deren Basis Veränderungen im Verlauf der progressiven Vollzugslockerungen abzubilden und gegebenenfalls risikoreiche Musterwechsel in den Daten frühzeitig identifizieren zu können. Des Weiteren gewöhnt sich der Klient an diese für ihn neue Form der Datenerhebung, bevor er Ausgänge erhält. Neben dem täglich vorgelegten digitalen Massnahmenprozess-Bogen dokumentiert der Klient aufkommende Risikomerkmale in Situation im extramuralen Setting (extramurale Deliktarbeit). 

Eine differenzierte Analyse der Tatsituation und insbesondere der Verhaltensweisen und Entscheidungen, die der Tat unmittelbar vorausgegangen sind, ermöglichen die Identifikation rückfallbegünstigender Situationen, Verhaltensweisen oder innerer Vorgänge und damit verbunden auch die Ableitung von Vermeidungs- bzw. Bewältigungsstrategien. In der praktischen Anwendung von DSMS wird der Klient darin trainiert und bestärkt, bewusstseinsferne Teile der Person bzw. aufkommendes Craving wachsam zu registrieren und die damit verbundenen Gedanken, Gefühle, Körper- bzw. Sinneswahrnehmungen und Verhaltensabsichten zu dokumentieren. 

Mit dieser Transferleistung deliktpräventiver Strategien ins Feld ist die Absicht einer Stärkung der Steuerungsfähigkeit verbunden, um auch bestehende Rückfallrisiken zu senken. Für einen funktionalen Umgang mit Risikosituation in natürlicher Umgebung wird der Klient durch die Systemanwendung auch darin trainiert, eingeübte Strategien der Selbstkontrolle funktional einzusetzen.

Literatur

Schiepek, G., Aichhorn, W., Schöller, H., & Kronberger, H. (2018). Prozessfeedback in der Psychotherapie. Methodik, Visualisierung und Fallbeispiel. Psychotherapeut, 63(4), 306-314. https://doi.org/10.1007/s00278-018-0272-6

Urbaniok, F. (2016). FOTRES – Forensisches Operationalisiertes Therapie-Risiko-Evaluations-System. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.